Die Glocken der Friedenskirche in Ludwigsburg läuten pünktlich zum Fototermin Ende Mai. Guido Rennert steht im Innenhof der ehemaligen Garnisonskaserne und spitzt die Ohren. Sofort erkennt er die Töne der Glocke und meint: „Ah, nein Ludwigsburg ist keine D-Dur. Vielleicht in F?!“. Die Tonart ist ihm wichtig bei seinen Kompositionen, denn dabei geht es keinesfalls nur um Halbtonvariationen einzelner Töne, sondern ganze Klangfarben. So startet die Reise der Auftragskomposition anlässlich des 100-jährigen Jubiläums des Musikvereins Ludwigsburg-Oßweil e.V. Stadtkapelle Ludwigsburg.
Guido Rennert ist Klarinettist, Komponist und Arrangeur im Bereich der sinfonischen Blasmusik. Als Stabsfeldwebel im Musikkorps der Bundeswehr ist er hauptberuflicher Musiker und hat eine ganz besondere Begabung für das Komponieren, denn er ist Synästhetiker. So kann er Farben nicht nur sehen, sondern empfindet auch deren Klang. Wie zauberhaft er dies für seine Werke nutzt, war auch bei der aktuell vom MVO gespielten Rennert‘schen Zusammenstellung der bekanntesten irischen Melodien als „Sound of Ireland“ beim Meisterkonzert am 15. Juli zu hören.
Doch nun soll es ein Stück ganz für den Musikverein Ludwigsburg-Oßweil und die Stadt Ludwigsburg sein. Frühere Werke widmete Rennert bereits der Stadt Hamburg, er schrieb zum 25-jährigen Mauerfall „Wir sind das Volk – eine Freiheitssymphonie“ und sicher für viele unvergessen auch das Arrangement zu Nina Hagens „Du hast den Farbfilm vergessen“ beim Großen Zapfenstreich anlässlich des Ausscheidens Angela Merkels aus dem Amt als Bundeskanzlerin.
Die Arbeiten an diesem ganz besonderen Stück für den Musikverein Oßweil als Stadtkapelle Ludwigsburg beginnen im Oktober. Noch vor dem Jahreswechsel soll das Werk dem Orchester für die erste Leseprobe vorliegen.
Bei seinem Besuch im Mai sollte Guido Rennert also einen Eindruck bekommen, wofür und worüber er schreibt. Auch darauf legt er großen Wert und beschäftigt sich mit dem Orchester und der Stadt. Und wo könnte man die Ludwigsburger Farben aktuell besser hören als vom Riesenrad aus?! Trotz Höhenangst möchte Rennert sich diese Gelegenheit nicht entgehen lassen. Es geht weiter ins Blühende Barock, über den Marktplatz und dann natürlich in die Heimat des MVO – nach Oßweil: in den Proberaum im Oßweiler Schloss, auf den Festplatz Hinter der Holderburg und den traumhaften Ausblick über das Neckartal genießen.
Die Uraufführung der Auftragskomposition wird im Rahmen des 18. Meisterkonzerts am 29. April 2023 erfolgen. Für das Große Blasorchester ist dies eine unglaublich große Ehre und ein wenig Respekt vor der Aufgabe schwingt bei aller Vorfreude auch mit. Denn was wir alle natürlich längst wissen, soll man aus der Partitur lesen und von den Musikerinnen und Musikern des Musikvereins Ludwigsburg-Oßweil hören können: so wunderschön ist unser Ländle und unsere Stadt!
Herzlichst,
Carolin Riehl