Musikverein Ludwigsburg-Ossweil e.V. - Stadtkapelle Ludwigsburg

18. MK mit Boris Ritter und Filippo Strocchi

Let Us Entertain You

(Fotos: Tobias Soyez)

Im Prinzip ist mit diesen vier Worten alles über den Anspruch des Großen Blasorchesters des Musikverein Ludwigsburg-Oßweil e.V. Stadtkapelle Ludwigsburg und seiner Dirigentin Susanne Bader für das 18. Meisterkonzert im Jubiläumsjahr zum 100. Geburtstag des MVO gesagt. Unterhalten kann Blasmusik auf so viele verschiedene Arten und die Musikerinnen und Musiker boten am Samstagabend des 29. April 2023 im Forum am Schlosspark ihr wahrlich meisterhaftes Können auf, um dies dem Publikum unter Beweis zu stellen. Dem Solo-Pianisten Boris Ritter, als einer der Stargäste zum Meisterkonzert eingeladen, war es ein Anliegen seiner Begeisterung beim gemeinsamen Abschlussfrühstück am Sonntagmorgen Ausdruck zu verleihen. Er würdigte die Leistung des Orchesters, ermöglicht durch die nachhaltige Führung des Vereins und den musikalischen Anspruch (unter anderem) in den Meisterkonzerten, der auch für Nachwuchsmusizierende die Zukunft im Verein attraktiv mache. So habe das Orchester im Gegensatz zu vielen anderen Vereinen keine Nachwuchssorgen und was hier geleistet würde, sei „absolut großartig“. Für die unermüdliche Arbeit aller Verantwortlichen des Vereins war dies eine sehr bewegende Wertschätzung und für alle Orchestermitglieder wortwörtlich ein Ritter-Schlag nach diesem einmaligen Konzert.

Vor dem Rückblick auf das Konzert – wir hoffen natürlich bei diesem waren Sie selbst dabei – möchten wir an dieser Stelle gerne noch einen Schritt weiter zurückgehen: Am Freitagabend fand in der Mensa der Grundschule Oßweil die Generalprobe statt, zu der natürlich die Solisten Boris Ritter und Filippo Strocchi ebenso zugegen waren wie die Band-Besetzung des MVO Crossover Projekts. Außerdem ließ es sich Guido Rennert als Komponist der Auftragskomposition „Festouvertüre der Stadt Ludwigsburg“ zum 100-jährigen Jubiläum nicht nehmen, das Orchester kennenzulernen und sein Werk das erste Mal live von einem Orchester gespielt zu hören. Als Dirigentin Susanne Bader den Taktstock hob war die Anspannung durchaus greifbar, ob der Komponist mit der Erarbeitung seines Werks auch zufrieden sein würde. Nach dem ersten Teil war klar: wir haben es geschafft! Rennert zeigte sich uneingeschränkt begeistert von der Interpretation, nahezu verliebt in die Solopassagen der Flötistinnen und vergewisserte sich, es hier mit einem Laien-Orchester zu tun zu haben. Susanne Bader, die er bereits seit fast zehn Jahren kennt, fragte er überschwänglich: „Toll. Einfach toll. Weißt du eigentlich, was du hier für ein tolles Orchester hast?“ und zählte direkt eine Liste an Werken auf, die er mit dem Großen Blasorchester des MVO zu spielen gedenke. Kleine Wünsche in Bezug auf Tempi und Charakter einiger Passagen wurden getestet, für gut befunden und umgesetzt und nach einer Stunde intensiver Arbeit freute sich Rennert einfach nur noch auf das Konzert, vor allem nachdem er von der begleitenden Fotopräsentation erfahren hatte, ging ihm das Herz auf. Ähnlich konstruktiv lief die Probenarbeit mit Boris Ritter, der sich mit dem Orchester von Beginn an rundum wohl fühlte und ganz im Groove aufging. Auch seine Wünsche: „Leute, die 4-und ist immer zu spät!“ und „Damit es den richtigen Charakter bekommt, müsst ihr das ein bisschen schlampiger spielen – Susanne, das hast du jetzt nicht gehört!“ wurden von den Musikerinnen und Musikern sofort umgesetzt. Eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe, die gegenseitigen Respekt und Wertschätzung zwischen den professionellen Solisten und diesem Musikverein wiederspiegelte – eine für beide Seiten unvergessliche Erfahrung und Bereicherung.

Einen großen Wunsch konnte der MVO vor Konzertbeginn auch noch Filippo Strocchi – in Stuttgart bekannt geworden als Graf von Krolock in „Tanz der Vampire“ – erfüllen. In der Anspielprobe auf der Bühne des Theatersaals durfte er das Intro des von Boris Ritter eigens für den MVO und diesen Konzertabend erdachten Arrangements von „Tanz der Vampire“ dirigieren. Ein Herzenstraum, wie er dem Orchester gestand und mit seiner Leidenschaft und der Körpersprache zeigte sich, dass der Italiener nicht nur als Sänger, sondern auch als Dirigent mit dem Orchester wunderbar harmonierte – die Chemie stimmte einfach und dies war eine der Voraussetzungen für die tolle Atmosphäre an diesem denkwürdigen Abend. Susanne Bader lehnte ihre Rolle am Mikrofon als Sängerin dann aber doch lieber dankend ab und kehrte ans Dirigentenpult zurück.

Und so begann dieser denkwürdige Konzertabend vor ausverkauftem Haus. Der herzlichen Begrüßung des 1. Vorsitzenden Uwe Appel und dem Dank an alle Ehrengäste und Sponsorinnen und Sponsoren folgte die Ansprache des Landrats Dietmar Allgaier, der dem Musikverein Ludwigsburg Oßweil im Namen des Bundespräsidenten die PRO MUSICA-Plakette verlieh als „Auszeichnung für die in langjährigem Wirken erworbenen Verdienste um die Pflege des instrumentalen Musizierens und damit um die Förderung des kulturellen Lebens“. Damit gab es außer dem Jubiläum gleich einen weiteren Grund zu feiern und zu jubeln und mit dem ersten Stück „Jubilee Overture“ von Philip Sparke war der perfekte Auftakt hierfür gefunden.

Die erste Konzerthälfte gehörte der sinfonischen Blasmusik, wie Moderatorin Tanja Soyez, die auch beim 18. Meisterkonzert charmant und unterhaltsam durch das Programm führte, einfließen ließ: „Im Stile dessen, wie Sie Ihren MVO kennen und lieben.“ Das zweite Stück im Programm war Teresa Procaccinis „Rapsodia Americana“ für Piano mit fantastischen Solopassagen, die zum Träumen und Dahinschmelzen einluden. Das unglaubliche Publikum an diesem Abend brach in tosenden Beifall aus, der von Ritters Zugabe seiner Interpretation eines Tangos belohnt wurde. Die Anmoderation zur großen Festouvertüre wurde durch ein kurzes Zwiegespräch zwischen Tanja Soyez und Guido Rennert live auf der Bühne ein besonderes Erlebnis mit Einblicken in den Komponistenalltag. „Dieses Stück habe ich für Sie, für Euch geschrieben.“ sagte Rennert von Herzen und meinte damit die lautmalerische Komposition rund um die Stadt. Er erzählte dem Publikum von seiner Höhenangst und wie sein Kennenlernen mit Ludwigsburg für die Umsetzung des Stücks ausgerechnet mit einer Riesenradfahrt begann. Damit war der große Moment für die Auftragskomposition zum 100. Jubiläum gekommen. Die federführend von Sofie Scholl zusammengestellte Fotoshow mit von der Stadt Ludwigsburg zur Verfügung gestellten Bildern ermöglichte den Gästen ein Erlebnis für alle Sinne. Die akustischen Eindrücke dieses einmaligen Werks fügten sich nahtlos mit den visuellen Impressionen ineinander und machten das Werk zum angekündigten und erhofften Höhepunkt. Der aufbrandende Beifall zeigte, wie sehr sich das Publikum im Forum mit dem Werk identifizierte und „unsere“ Stadt repräsentiert sah. Es wird sicherlich nicht das letzte Mal gewesen sein, dass diese Festouvertüre dem MVO und der Stadt Ludwigsburg alle Ehre macht.

Die zweite Konzerthälfte gehörte dem Tribut an die Vielfalt der Blasmusik. Lukas Kühne an der E-Gitarre, Boris Ritter nun am E-Piano sowie die beiden MVO-Eigengewächse Jochen Mall an den Drums und Jürgen Traub am E-Bass formten den „elektrischen“ Part des Brass Crossover Projekts zusammen mit den über 80 Musikerinnen und Musikern des Großen Blasorchesters und Sänger Filippo Strocchi. Mit dem Medley „Let Me Entertain You“ aus Robbie Williams eingängigsten Titeln lieferte Strocchi eine absolut sehenswerte Darbietung und einen echten Wow-Effekt für den Auftakt nach der Pause. Die entsprechenden Lichteffekte der Technik im Forum am Schlosspark mit Disco-Feeling lieferten ihr übriges. Jazzig ging es weiter mit „Spain“ von Chick Corea, bei dem zahlreiche Solisten des MVO brillierten. Alle eigens angereisten Musicalfans fieberten Ritters Arrangement zu „Tanz der Vampire“ mit „unstillbarer Gier“ entgegen. Wuchtig und emotionsgeladen kamen die Musicaltitel daher und fegten das Publikum von den Sitzen. Dass Blasmusik auch tanzen kann zeigte sich dann beim Rumba-Swing-Klassiker „Save The Last Dance For Me“ und im Schlusstitel „Children of Sanchez“ rückten abwechselnd das Blasorchester und die Instrumental-Solisten in den Mittelpunkt und mit Verklingen des letzten Tons hielt es niemanden mehr auf den Sitzen. Donnernder Applaus brandete durch den Konzertsaal und spätestens an dieser Stelle hatten alle auf der Bühne ein großes Strahlen im Gesicht. Das Crossover der Stile und dieses große Projekte waren geglückt! Guido Rennert, Boris Ritter und Filippo Strocchi wurden gemeinsam auf die Bühne gebeten, frenetisch gefeiert und dankten ihrerseits dem Orchester und natürlich der Dirigentin Susanne Bader, die mit ihrer musikalischen Leitung dieses Konzert geplant und ermöglicht hatte.

Ohne Zugaben konnte dieser Abend also definitiv nicht zu Ende gehen. „It’s not unusual“ von Tom Jones und „Easy Lover“ von Phil Collins zeigten noch einmal die popularmusikalischen Stärken des Brass Crossover, doch auch nach zwei weiteren Titeln dachte das Publikum noch nicht ans nach Hause gehen. Zum Glück hatte der MVO mit „The Sound of Silence“ hierfür noch ein ganz besonderes Stück vorbereitet. Auf der fast vollständig abgedunkelten Bühne, nur mit Pultleuchten an den Notenständern und dem Funkeln der Lichteffekte an der Decke und den Wänden ging dieses Konzert bei vielen mit Tränen in den Augen zu Ende. An diesem Abend ein Highlight zu benennen fiel also allen Anwesenden schwer. „Drei, nein mindestens vier Wow-Momente mit Gänsehaut hatte ich“, sagte Dirigentin Susanne Bader.

Beim anschließenden Empfang im Foyer hielt Oberbürgermeister Matthias Knecht eine herzliche Ansprache und dankte dem Verein für sein Engagement als Stadtkapelle Ludwigsburg und beglückwünschte den Verein zu diesem Konzert. Kerstin Häring als Vertreterin des Kreisverbands Ludwigsburg sprach ihre Glückwünsche zum Jubiläum aus und überbrachte die Anerkennung seitens des KVLB. Gefeiert wurde bis spät in die Nacht und dem Erfolg des Konzerts würdig, getreu dem Motto: „Work hard, party hard!“ Und wer das diesjährige Konzert unwissentlich oder ungewollt verpasst hat, kann sich den Termin für 2024 am Samstag, den 27. April im Forum am Schlosspark bereits vormerken. Viele weitere Impressionen zum Konzert finden Sie auf unseren Social Media Plattformen Facebook und Instagram @MVOssweil.

Herzlichst,

Carolin Riehl

Musikverein Ludwigsburg-Ossweil